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Flucht der Volksdeutschen aus Vérteskozma während des 2 Weltkrieges Ich bin in Vérteskozma am 12. Februar 1920 geboren worden. Eingeschult wurde ich 1925. Es waren damals 6 Grundschuljahre vom Gesetzgeber vorgeschrieben und dann 3 Jahre Wiederholungsschule - 6 Stunden in der Woche. In den Monaten Juni bis August waren die Ferien. Da mussten wir Kinder uns schon nützlich machen. Wir mussten auf dem Feld Arbeiten, im Haushalt helfen und vor allem das Vieh auf der Weide hüten. Mit 14 Jahren ging ich nach Budapest und habe in verschiedenen Haushalten als Dienstmagd gearbeitet und während dieser Zeit nur in der ungarischen Sprache gesprochen. Dort habe ich auch die Jahre vor dem 2. Weltkrieg erlebt. Unser Lehrer, der Georg Braunstein hieß, sehr streng war und dem Ohrfeigen sehr viel waren, hatte auch häufig vom Rohrstock Gebrauch gemacht, um uns die ungarische Sprache beizubringen. Ab den 3. Schuljahr war nur die ungarische Sprache erlaubt. Der Religionsunterricht wurde aber in unserer Muttersprache Deutsch erteilt. Wir hatten auch immer einen Pfarrer, der die Deutsche Sprache beherrschte. Die Amtssprache war Ungarisch. Bei dem Viermächteabkommen in München im Jahre 1939 wurde auch über Ungarn verhandelt. Es hatte einen Teil von der Slowakei zurück bekommen; das war das Felvidék. Ungarn hatte 1918 bei den Verhandlungen in Trianon von Norden her einen Teil an die Slowakei, Siebenbürgen an die Rumänen, das Banat und die Batschka an Serbien und das Burgenland an Österreich abgeben müssen. 1938 wurde dann durch die Verhandlungen erreicht, das ein Teil von Norden wieder zu Ungarn zurückkam. Von da ab durfte in der Schule wieder Deutsch gesprochen werden. Es wurden Versammlungen abgehalten; es wurden wiederschöne deutsche Lieder gesungen; es fing alles ganz harmlos an: Das Deutschtum lebte wieder auf. Aber man hatte uns verschwiegen, dass sich das Deutsche Reich das Recht vorbehalten hat, die Volksdeutschen auch zum Militär einzuziehen. Da kamen Agitatoren aus dem Reich und überredeten die ahnungslosen jungen Männer, sich freiwillig zu melden; dies haben auch viele getan. Im Februar 1942 wurden sie zur Musterung nach Felsögalla bestellt. Am Anfang waren sie noch kritisch; es wurden nur 7 Personen für tauglich befunden. Sie wurden am 4. Mai 1942 eingezogen. Georg Aussmann, Johann Aussmann und mein Mann, Lorenz Beck, wurden nach Moor bestellt; das war eine größere deutsche Gemeinde. Von da fuhren sie nach Wildflecken in die Rhön und nach einer kurzen Ausbildung wurden sie nach Finnland gebracht. Im Juli 1944 begann der Rückzug über Norwegen und Dänemark bis Trier. Dann hieß es: "Rette sich, wer kann". Nach tagelangen Fußmarsch hat er die Gemeinde Kirrweiler erreicht, dort hat er seine Uniform abgelegt und sich in Zivilanzug versteckt. Er hat in den Weinbergen gearbeitet mit mehreren Kameraden. Da hat sich der Bürgermeister von Kirrweiler in das Dorf gerufen. Sie mussten sich bei der französischen Kommandantur melden, und nach einem halben Jahr wurde er in die Freiheit entlassen. Anton Aussann, Hannes Aussann und Michael Aussann, drei Brüder und Martin Beck kamen zur Polizei und wurden in Brünn und Märisch Ostrau ausgebildet. Im September 1944 mussten alle Männer aus Vérteskozma im Alter von 18 bis 50 Jahren einrücken. Die Jüngeren in die Gegend von Budapest, die Älteren nach Andocs, das ist im Gebiet vom Plattensee. Für die Bevölkerung von Vérteskozma hat der Schrecken des Krieges im Jahre 1944 im März begonnen. Da rückten die deutschen Truppen auch nach Ungarn ein. Wochen danach begann die Bombardierung auf die Hauptstadt und der Ölraffinerie in Almásfüzitõ. Über dem Dorfe fanden häufig Luftschlachten statt, denn die deutschen Jäger stiegen auf, um das Bombardement zu verhindern. Da stürzten etliche Flugzeuge ab oder explodierten in der Luft. Im September 1944 blieben nur noch die älteren Männer, Frauen und Kinder in der Gemeinde. Es war noch die Kartoffelernte im Gange, der Mais stand noch auf dem Feld, es 2 musste das Getreide gesät werden, den Wein musste man einbringen. Um dies alles zu schaffen, haben sich alle sehr anstrengen müssen. Im Monat Oktober wurden auch in unserem kleinen Dorf deutsche Soldaten einquartiert. Vor unserem Haus wurde der Appell gemacht, das sich die Soldaten in einem deutschen Dorf befinden und sich dementsprechend auch benehmen sollten. Wir ließen vier Soldaten in die gute Stube und haben ihnen unsere Betten zur Verfügung gestellt und so manches mit ihnen geteilt. Anfang Dezember 1944 kamen andere Truppen. Die haben die Bevölkerung in große Angst versetzt und sich gegen ihren Willen zur Flucht überredet. Nach langem Zögern und Angst vor Russischen Truppen sind dann doch viele Familien geflüchtet. Auf Planwagen wurde Wäsche, Kleider, Bettzeug, Fleisch, Fett, Wurst, Trockenobst, Nüsse, Mehl und Seife geladen. Soviel wie nur irgendwie Platz hatte. Ebenso Wiegen, kleine Kinder und die alten Leute. Es wurden die stärksten Ochsen und die guten Milchkühe vor die Wagen gespannt. Die übrigen Tiere haben wir freigelassen. Mit schwerem Herzen und mit Tränen in den Augen verliessen wir unser geliebtes Heimatland. Die Fahrt war sehr beschwerlich. Wir fuhren die ganze Nacht durch und das Donnern der Kanonen kam immer näher. Gegen Morgen erreichten wir unseren Bestimmungsort, den Bahnhof Bodajk (Wudek). Da hatten wir schon den ersten Toten unter uns. Der kleine Heinrich Aussmann war in der Nacht gestoben. Wir haben ihn bei dem Wallfahrtskreuz begraben. Dort mussten wir unsere Ochsen und Kühe abgeben und haben dafür eine Quittung erhalten, aber auf das Geld warten wir heute noch. In dem Ort haben wir unseren ersten Luftangriff erlebt und uns vor lauter Angst in den Graben gelegt. Nur die Frau Elisabeth Klaus war tapfer. Sie blieb bei den Kindern draußen. Als unser Gepäck verladen wurde, geriet meine Schwester Maria zwischen die Puffer der Eisenbahn und hat sich die Rippen gequetscht. Es wurde alles auf offene Waggons geladen, und am 10. Dezember um 8:00 Uhr haben wir den Bahnhof Bodjk verlassen. In Komárom haben wir den zweiten Luftangriff erlebt. Wir blieben aber im Waggon und sangen "Maria breitet deinen Mantel aus und macht uns Schutz und Schirm daraus". Es folgten noch viele Luftangriffe, aber wir sind alle ohne Schaden davongekommen. Neun Tage waren wir unterwegs. In Iglau haben wir den ersten warmen Tee erhalten. Damit die Kinder etwas Warmes in den Bauch bekamen, haben wir unterwegs auf der Sturmlampe Eier erwärmt. In den Waggons waren viele Fenster kaputt, und wir waren zusammengepfercht, aber wir haben uns alle trotzdem friedlich benommen. In dem kalten Waggon ist dann auch der kleine Franz Klaus geboren worden. In Znaim bekamen wir auch warmes Essen. Am 19. Dezember kamen wir dann in Komutits an. Dort wurden wir in der Schule aufgenommen. Unser Gepäck wurde mit Pferdewagen vom Bahnhof verladen, aber wir mussten fest stellen, dass hiervon vieles fehlte. Mit 30 Personen mussten wir in einem Saal auf Strohsäcken schlafen. Nach sechs Wochen wurden alle jungen Mädchen zum Arbeitsdienst eingezogen. Die Jüngeren kamen zu Bauern, die älteren zum Roten Kreuz. Die Familien Stefan Beck und Maria Beck, sowie die Familien Wendelin Fabian wurden auf einem Gut als Landarbeiter eingesetzt. Die Familien Karl Aumssann und Stefan Schäffer wurden zur Müllabfuhr nach Bardubitz versetzt. Kontakt hatten wir mit unseren Landsleuten im Lager immer. Doch dann kam der Befehl, das Lager zu verlassen und nach Prachatitz zu flüchten. Alle konnten aber ihre Sachen noch mitnehmen. Unterwegs sind sie in einen schweren Luftangriff geraten. Dabei mussten Anna Kindl, geb. Aussmann und Josef Schäffer ihr Leben lassen. Die kleine Franziska Kindl bekam einen Splitter in den Arm, der bis heute noch lahm ist. Wir drei Familien Karl Aussann, Stefan Schäffer und Familie Mayer aus Gant haben uns einen Waggon gemietet, unsere Sachen verladen und sind mit ihnen nachgefahren. Im Personenzug fuhren wir mit einem schwerkranken Kind. Es bebte vor Fieber und wir konnten ihm keinen Tropfen Wasser geben. Nach mehreren Luftangriffen kamen wir nach Schtrakonitz. 3 Da flogen vor uns die Bomben. Die Türen und Fenster vom Bahnhof waren zersplittert. Wir haben vor Kälte und Angst gezittert. In der Früh´ hieß es dann, es geht nicht mehr weiter, da die Gleise zerstört oder verbogen waren. Da gingen wir zu Fuß weiter und trugen abwechselnd das Kind. Wir erreichten dann Wolin und haben in einem Gasthaus Obdach gefunden. Dort ist dann der kleine Franz Beck gestorben. Wir konnten ihm einen Sarg besorgen und am Friedhof begraben. Am 9. Mai haben wir dort das Ende vom Krieg erfahren. Zu Fuß ging es dann weiter über Berg und Tal. Wir suchten Prachatiz und jammerten vor Not, denn wir mussten sofort das Lager verlassen. Wir gingen dann zum Bahnhof, um unser Gepäck zu holen. Dort wurde uns gesagt, daß es wohl nicht mehr ankommen würde. Nun standen wir da denn wir hatten kein Hemd und kein Bett. Die Verwanden haben ihr Weniges mit uns geteilt. Dann sind wir alle nach Westen gelaufen. Es ging immer bergauf in den Böhmerwald. Wir haben in Feldscheunen und auf Wiesen geschlafen. wir waren schon ein Stück vorgedrungen, da hieß es: "Was von Osten kommt, muss nach Osten zurück". Mit Amerikanischen Wagen wurden wir gefahren und wurden in der Tschechei von Russen empfangen. Die stiegen dann auf unsere Wagen hinauf und raubten Uhren und Koffer. Wir lagen auf großen Wiesen: Flüchtlinge und Soldaten getrennt. Wir waren so schmutzig, voller Wunden und hatten Läuse. Zum Glück wurde keine von uns vergewaltigt. Dann wurden wir nach Budweis verwiesen. Inzwischen war auch der kleine Beck Lorenz verstorben. Seine Mutter trug ihn noch weit voller Leid. Dann hat sie ihn in ein Tuch gehüllt und in ein Kornfeld gelegt. Die alten Leute und Kinder waren erschöpft von der Reise. Für die hochschwangere Frau von Martin Beck war die Flucht besonders beschwerlich, denn sie hatte noch zwei kleine Kinder bei sich. Da die alten Leute und Kinder nicht mehr weiter konnten, wurden sie auf Pferdewagen geladen und von einem Ort zum anderen gefahren. Aus Versehen wäre beinahe der kleine Stefan Beck stehengeblieben. Es wurden viele Familien getrennt, aber nach Tagelangen Fußmarsch haben alle den Bahnhof Budweis erreicht. Dann fuhren wir im offenen Waggon bis Érsekújvár. Von dort ging es wieder zu Fuß bis nach Komárom; hier bildet die Donau die Grenze zwischen der Slowakei und Ungarn. Da war eine sehr schadhafte Brücke, die wir nur einmal passieren durften. Dort blieb liegen, was wir nicht tragen konnten. Von Komárom fuhren wir bis Szár, dies war die letzte Station. Jetzt trennten uns nur noch 12 Kilometer von Vérteskozma. Das Dorf bot einen sehr traurigen Anblick. Viele Wohnhäuser waren zerstört oder abgebrannt. In Häuser waren weder Fenster noch Türen. Die Zimmer waren als Pferdestelle benutzt worden und überall lag meterhoch der Schmutz. Unsere Möbel, Herd und Offen waren verschleppt worden. Den Brunnen hatte man mit Unrat gefüllt und ungenießbar gemacht. Wir wurden von dem Daheimgebliebenen nicht willkommen geheißen. Nur die Tante Rosel, die Schwägerin von meiner Mutter, die hat sich über unser kommen gefreut und so manches Stück Brot mit und geteilt. An der Flucht haben folgende Personen teilgenommen: Anna Kerner mit sechs Kindern Franziska Aussmann mit sechs Kindern Michael Aussmann mit Frau und Tochter Anna Aussmann - Schwager - mit einem Kind Elisabeth Klaus - Schwager - mit zwei Kindern Wendelin Fabian mit Frau und fünf Kindern Anton Aussann mit Frau und zwei Kindern Franz Aussann mit Tochter Katharina und Enkelsohn Maria Schäffer mit zwei Töchtern Anna Schäffer - Schwager mit zwei Töchtern Josef Kerner mit Frau Johann Kerner mit Frau und Tochter Jakob Freiedler 4 Kunigunde Glaser mit vier Töchtern Stefan Aussann mit Frau, Tochter sowie einem behinderten Sohn Karl Aussmann mit drei Kindern Elisabeth Kindl mit einer Tochter Imre Schäffer mit Frau und einer behinderten Tochter Maria Schäffer mit fünf Kindern Franziska Beck - Schwager - mit zwei Kindern Maria Beck mit zwei Kindern und einer alten Tante Katherina Schäffer mit zwei Kindern und Schwiegermutter Stefan Schäffer mit Frau und einer Tochter Anna Schäffer mit zwei Kindern Katherina Klaus mit Schwiegermutter Cäcilie Aussann mit zwei Kindern Theresia Schäffer mit zwei Töchtern Stefan Beck mit Frau und zwei Kindern Anna Kindl mit zwei Kindern Die folgenden Personen habe an einem anderen Transport teilgenommen: Anna Aussann mit zwei Kindern Maria Ruppert mit sechs Kindern und Schwiegervater Anna Kindel mit sechs Kindern Barbara Kindel mit fünf Kindern Sie haben folgendes erlebt: Flucht, Rückkehr und Vertreibung – Schicksal einer Familie Der 9.12.1944 - ein Tag, den wir nie vergessen werden. Infolge Kriegs wirren wurden verschiedene Orte im Kampfgebiet geräumt. So mussten auch wir unser kleines stilles Dorf Vérteskozma vor den heranrückenden sowjetischen Truppen verlassen. Mit nur wenig Habseligkeiten auf einem Ochsenkarren verladen, verließen wir bei eisigen Schneeregen unser zu Hause zu einer Fahrt ins Ungewisse. Im Nachbarort Gánt mussten wir unsere Zugtiere auf unmenschlicher Weise zurücklassen und wurden in einen Viehwagen verladen. Vier Familien waren wir, ausschließlich Frauen und Kinder, die Männer waren irgendwo an der Front. Lediglich unser alter Großvater 76 Jahre alt begleitete uns. Nach einige Tagen Bahnfahrt erreichten wir Wien. Dort erhielten wir die erste warme Mahlzeit seit unserer Abreise von Helfern des Roten Kreuzes. Nach Tagen der Entbehrung und eisiger Kälte in ungeheizten Vieh Waggongs ein unvorstellbarer Genuss. In Wien erlebten wir einen schweren Luftangriff - wir mussten unseren Waggon verlassen und suchten Schutz in einem Bunker. Wegen des durch den Luftangriff angerichteten Schaden konnten wir unsere Reise erst am anderen Tag fortsetzen und verbrachten die Nacht in unseren Viehwaggon. Der nächste Tag brachte die Weiterfahrt. Nach mehrtätiger Reise, die unterbrochen war tagelang warten auf abseits gelegnen Abstellgleisen, erreichten wir am 20.12.1944 die Österreichisch - tschechische Grenze bei Vitczkberg. Die Fahrt durch den kalten Winter hatten wir trotz aller Widrigkeiten einigermaßen überstanden. Nur unser Großvater war den Anstrengungen nicht mehr gewachsen. Er verstarb am 24.12.1944 fern der Heimat. Wir wurden in einem Aufnahmelager eingewiesen, in dem auch fünf Familien aus unseren Nachbarort Gánt Quartier bezogen hatten. Die älteren Frauen und Kinder blieben im Lager, während alle anderen in den umliegenden Ortschaften in der Landwirtschaft eingesetzt wurden. Wir lebten im Lager bis zum 8 Mai 1945. Am 8. Mai 1945 - dem Tag des Kriegsendes - waren wir alle im Lager versammelt. Um die Mittagszeit erschien der Lagerverwalter und sagte zu uns "Liebe Leute, der Krieg ist zu Ende. Ihr müsst jetzt sehen wir ihr 5 weiter kommt, hier könnt ihr nicht mehr bleiben." Ratlos standen wir dann da und wussten nicht, wohin. Nur mit den Habseligkeiten, die wir tragen konnten, flüchteten wir in ein landwirtschaftliches Anwesen, wo wir uns mit Zustimmung des Besitzers einige Tage in der Scheune verstecken konnten. Dies konnte jedoch keine Lösung sein, und so begann der Weg ins Ungewisse erneut. Von Dorf zu Dorf ziehend verbrachten wir die nächsten Tage. Die Nächte haben unter freiem Himmel verbracht, da die wenigen Scheunen mit anderen unzähligen Flüchtlingen überfüllt waren. In Zwettel (Niederösterreich) meldeten wir uns bei der Sowjetischen Kommandantur, von der wir Plätze in einem Waggon Richtung Preßburg zugewiesen bekamen. In Preßburg angekommen mussten wir den Zug verlassen und erneut eine Nacht unter freiem Himmel verbringen. Erst am nachfolgenden Tag konnten wir weiterfahren - endlich in Richtung Ungarn. Die Fahrt führte über Esztergom nach Új-Pest, einem Vorort von Budapest. Da der Zug in Richtung UdSSR weiterfuhr, verließen den Waggon und bemühten uns um eine Weiterfahrt. Der Zug, der uns der Heimat näher bringen konnte, fuhr jedoch nach Kelenföld - am anderen Ende der Riesenstadt ab. Ohne Geld und somit keine Möglichkeit irgendein Verkehrsmittel zu benutzen, machten wir uns bepackt mit Rucksack und Bündeln barfuß auf den Weg nach Budapest. Die Füße waren mit Blasen übersät, sodass das einzige gerettete Paar Schuhe nutzlos tragend mit uns führten. In Kelenföld angekommen, erfuhren wir, dass ein Zug in Richtung Vérteskozma am anderen Morgen fahren würde. Wir verließen Budapest und gingen immer noch barfuß zum nah gelegenen deutschen Dorf Budaörs, wo wir hofften, dortgebliebene Bekannte zu treffen. Nach einer mehr als dreiwöchigen Irrfahrt erhielten wir von verbliebenen Bekannten zum ersten Mal wieder eine warme Suppe. Einer Köstlichkeit, die nur der verstehen kann, der lang Zeit auf jegliche warme Mahlzeit verzichten musste und nur von dem lebte, was er von anderen erbitten konnte. Am nachfolgenden Tag verließen wir unsere Bekannten und marschierten zum kleinen Bahnhof des Ortes, von wo wir nach langem und ungeduldigem Warten in einem überfüllten Zug unsere Heimreise fortsetzten. In Szár verließen wir den Zug und legten die letzten 10 km nach Vérteskozma zu Fuß zurück. Der Krieg hatte aus unserem blühenden Kleinod eine Ansammlung beschädigter und zerstörter Häuser gemacht. Müde und ausgezehrt, aber zu Hause. Von unserem Vater wussten wir nur, dass er irgendwo in Kriegsgefangenschaft geraten war. Nach einem mühseligen Wiederaufbau lebten wir bescheiden in Armut bis zum 19. Mai 1946. wieder hieß es, die wenigen Habseligkeiten zusammenpacken und unser kleines Vérteskozma erneut zu verlassen, diesmal für immer.
Niedergeschrieben von Katharina Straßberger, geb Ruppert

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